Ja, mit der Zeit ist das so eine Sache. Ihr kennt es sicher. Auch dieses Jahr ist
wieder von viel Arbeit geprägt, so dass man nicht immer so los kommt, wie man möchte. Wir haben jetzt im März ein verlängertes Wochenende und uns ein neues Ziel gesetzt: Die Niederlande! Warum wir
dort eigentlich noch nie waren, ausgenommen eine Kneipen- und Coffeeshop-Tour in jungen Jahren, wissen wir selber nicht. Von Nachbarn, die viele Jahre dort mit ihrem Wohnwagen Urlaub gemacht haben,
hatten wir schon viel Positives gehört. Aber naja, manches braucht eben so oder so, wie wir schon anfangs sagten, seine Zeit!
Also am Mittwoch nach der Arbeit los. Zwischenstopp ist Meppen. Sind von uns aus 280 Km und ist bis abends ganz gut zu schaffen. Der Stellplatz nennt sich "Am Emsbad". Man steht auf
gepflastertem Untergrund zwischen Hecken recht gut. Bis zur Altstadt sollen es nur 400 m sein und deshalb vertreten wir (auch eine Redewendung, die es gar nicht mehr gibt) uns gleich mal die Beine.
Als wir zurückkommen stellen wir fest das unsere Heizung nicht läuft. Bei uns schon fast ein "Running-Gag", wenn es nicht so traurig wäre! Sie startet nicht. "Gasflasche leer?" - "Nein!". "Zufuhr
geöffnet?" - "Ja!". "Genug Batteriespannung?" - "Ja!". "Also, eigentlich ja!" Letztendlich puhlen wir doch unser Stromkabel raus und investieren 1 Euro - und siehe da, jetzt startet sie! Trotzdem
komisch. Nicht nur durch unsere Solaranlage, sondern auch durch die lange Fahrt, dürfte das kein Problem sein. "Vielleicht hat die Aufbaubatterie `nen Schuss?". Wir werden sehen! Da es jetzt schon
etwas später und dunkel geworden ist, fragen wir uns, wann hier abkassiert wird. Der nette Herr kommt dann aber sofort kurz nach dem Moment, als wir nicht mehr mit ihm gerechnet haben. Wir zahlen 8
Euro. Es gibt noch eine (1!) Eintrittskarte fürs Schwimmbad dazu. Das nutzen wir heute aber nicht. Wir sind müde. Auch wenn man als Erwachsener durchs Einschlafen normalerweise nicht ertrinken kann,
ziehen wir es doch vor im Womo zu bleiben.
Am nächsten Tag sind wir gespannt darauf, was uns erwartet, bzw. wie wir es
empfinden werden. Es ist heut, am 17.03., noch recht frisch (3 Grad), aber die Sonne scheint. Als Erstes haben wir Giethoorn auf dem Zettel. Bis dorthin sind es rund 100 Km, also eine gute Stunde
Fahrt. Das erste was uns nach "Grenzübertritt" auffällt ist das flache Land. Natürlich wussten wir das vorher, aber das es noch flacher als in unserem Teil von Schleswig-Holstein geht...,
erstaunlich! Und die Fenster! "Die Fenster?". Ja, uns fallen die "heruntergezogenen" Fenster bei fast jedem der Häuser auf. Also sie gehen halt nicht bis zum Boden sondern ungefähr bis zu den Knien.
Da wir in Deutschland von Regelungen, sagen wir mal, "hier und da leicht beeinflusst werden", fragen wir uns sofort, ob es hierfür eine Bauvorschrift gibt. Sieht aber gut aus. Überhaupt ist alles
unglaublich ordentlich und gepflegt.
Giethoorn wird auch "Venedig des Nordens" genannt. Solche Vergleiche hinken
natürlich immer ein wenig, weil das jeweilige Flair ein ganz Anderes ist. Sonst könnte man ja auch noch Hamburg da reinwerfen, weil es die meisten Brücken in Europa hat (was wir als alte Hamburger
dann doch gern erwähnen). Geschwafel beiseite! Obwohl hier nicht alles blinkt und glitzert und man nicht hochgucken muss um riesige Bauten zu bewundern, sind wir sofort fasziniert! Wir spazieren
entlang des Kanals und erleben eine Art der Ruhe, wie wir sie sonst nur in Dänemark empfinden. Gut, es liegt natürlich auch ein bisschen daran, dass um diese Jahreszeit kaum Touristen unterwegs sind.
Ein paar von ihnen unterhalten sich in der Nähe eine kleinen Bootes, dass für Ausflugsfahrten genutzt wird, mit einem Niederländer. Er spricht auch uns an und fragt ob wir Interesse an einer
einstündigen Tour hätte. Pro Person kostet der Spaß 6 Euro inklusive eines Bechers Kaffee oder Tee! "Na klar haben wir Lust!" Der Start verschiebt sich noch um eine halbe Stunde, damit noch ein paar
Passagiere hinzukommen, aber dann geht es los. "Captain Jack", wie er sich selber nennt, ist ein lustiger Typ, der uns sicher durch die Kanäle steuert und informatives sowie sonstige Anekdoten (in
Deutsch und Englisch) zum Besten gibt.
Entlang der Route kommen wir an sehr idyllischen Häusern vorbei. Deren Bewohner
können auf dem Landweg ihr Zuhause nur zu Fuß erreichen und benutzen für zum Beispiel für ihren Einkauf eine Schubkarre. Das Ganze endet in einem See, der nur einen Meter Wassertiefe hat. Es gibt
hier ganzjährig Störche, da sie gefüttert werden. Zurück über die Kanäle, die sich in einer Einbahnstraße durch den Ort ziehen, gelangen wir wieder an unseren Ausgangspunkt. Gesehen, oder besser
gesagt, aufgenommen haben wir eine Atmosphäre, die ihres Gleichen sucht. Die Häuser, die kleinen Restaurants, das Wasser, die Ruhe - sehenswert!
Weiter geht´s Richtung Holland! Ja, eine Brücke verbindet die Region Flevoland
mit der Region Noord-Holland, bzw. die Städte Lelystad und Enkhuizen. Um uns herum eine ganze Zeit nur Wasser. Und das Land ist genauso eben wie das Meer. "Wie das Land, so das Je...!(Bier)" fällt
mir hier ein. So geht es uns auch in Enkhuizen.
Eine schöne kleine Stadt, die Tönning etwas ähnelt. Wir parken am Hafen wandern
durch die Straßen und finden immer mehr Gefallen an dem was wir sehen. Es gibt viele schöne Landschaften. Man möchte sie manchmal alle gleichzeitig um sich haben. So wie viele von uns die Vorzüge
Mittel- und Süddeutschlands, die Berge oder Länder wie Italien, kennen, ist dies eine Alternative. Es fühlt sich eben an, wie "Nordisch by Nature"! Bei diesem Song, den vielleicht einige kennen, gibt
es eine Strophe auf Plattdeutsch, eine auf Dänisch und eine auf Niederländisch. Ähnlichkeiten sind hier nicht zufällig!
45 Kilometer nach Alkmaar. Genauer zum "Camping de Boekel" in Akersloot. Bisschen
abseits und ländlich gelegen. Die Nacht 15 Euro plus 2,70 Kurtaxe, 0,50 fürs Duschen und 2 fürs Wifi. Nette Leute, alles okay, gut für eine Nacht.
Gut ausgeschlafen stehen wir auf. Fürs Frühstück müssen heute die Aufbackbrötchen
herhalten. Warm ist es auch noch. Also drinnen! Die Heizung läuft ohne Landstrom! Draußen sind es regnerische 10 Grad. Wir wollen trotzdem nochmal kurz an die See. Nordsee. Also, "Egmond aan Zee"!
Rund 20 Minuten dann sind wir da. Es ist sozusagen eine Art Strandbad, jedenfalls wird hier im Sommer wohl ein reges Treiben herrschen. Im Moment kann man sich das fast nicht vorstellen und so
schlendern wir lieber durch die etwas weniger windige kleine Einkaufsstraße.
Danach gehts weiter von Den Oever über den 32 km langen Sperrdamm Richtung
Cornwerd. Er trennt das Salzwasser der Nordsee vom Süßwasser des Ijsselmeeres und ist Teil der Europastraße 22. Als wir am Sperrwerk wegen eines Schiffes halten müssen, kommt eine nette Holländerin
von ganz vorn angelaufen und macht uns auf unsere offene Dachluke aufmerksam. Danke! Wir "schleppen" uns die ganze Zeit weiter bis nach Groningen.
Bewundert haben wir die weitläufige Landschaft , die schlichte, stilvolle
Architektur und auch die Straßen. Man hat das Gefühl, sie wurden alle, letzte Woche, für uns erneuert. Das hätte nun wirklich nicht nötig getan. Super! Leider fällt uns das eben auch besonders im
Vergleich zum deutschen Asphalt auf.
Groningen hat ungefähr 200.000 Einwohner von denen 50.000 Studenten sind. Wir
stehen auf dem "Campingplatz Stadspark". Netter Betreiber, der uns auch noch einmal beim "Umziehen" hilft, damit unsere Sat-Anlage zur Ruhe kommt und ein Signal findet. (Ja, wir wissen...es wäre
nicht ganz so wichtig...) Der Platz ist halt im Park. Im Sommer bestimmt noch schöner. Und sehr zentral gelegen. Mit dem Roller 10 Minuten (ca. 4 Km) in die "Binnenstad". Man spürt hier sofort die
Universitätsstadt. Fußgängerzonen, allerdings mit Radwegen, die auch "gnadenlos" von den Fahrern genutzt werden. Alles okay! Und es hat wieder diese schöne Ausstrahlung. Es lebt. Nicht so viel Leben
ist allerdings in unseren Händen und Füssen. Es ist recht kühl und die, auch nur kurze Fahrt, hat ihr Übriges dazu getan.
Wir haben aber Glück. Es ist Markt. Wir bummeln und genießen! Zum Beispiel den
Klassiker "Kippeling mit Fritten"! Wer es nicht kennt, wir hatten es auch noch nicht gegessen: Es ist Fischfilet, meist Kabeljau oder auch Seelachs oder Seehecht geschnitten und mit Backteig
überzogen und frittiert. Super lecker! Auch was für Fleischfans, also 50 Prozent von uns Beiden. Wärmen konnten wir uns dann aber auch vor den vielen Geschäften. Nicht nur beim Anblick der tollen
Angebote, sondern auch weil fast alle Eingangstüren der Läden offen standen. Das passte zu der aufgeschlossenen Art der Niederländer, ließ aber die Frage offen, ob sie noch wirklich soviel Energie
irgendwo "liegen" hatten.
Unsere dritte Nacht verbringen wir auch ganz ruhig. Wir schlafen ein mit dem
Gedanken, dass unsere Entscheidung richtig war, endlich mal unser Nachbarland zu besuchen. Die entspannte Mentalität und Freundlichkeit mit der wir hier empfangen wurden hat wirklich Spaß gemacht.
Wir würden sehr gerne wiederkommen, wenn die Zeit es zulässt...